"Das erste Haus"

Studierende des Bachelorstudiengangs Architektur und Stadtplanung am Institut für Baukonstruktion (IBK/Prof. Ludloff)
Reallabor der Universität Stuttgart  – Beispiel einer kreislauffähigen Stadtreparatur

Gemeinsam Stadt reparieren: Begehren und Vernunft

Augezeichnet mit dem Bauwendepreis der Universität Stuttgart 2025

Im Rahmen des RealLabors „Das erste Haus“ hat das IBK mit Studierenden der Universität Stuttgart eine städtische Ressource: Ein leerstehendes, vom Verfall bedrohtes Gebäude der Evangelischen Gesellschaft (eva), als niederschwelliges Angebot für Wohnungslose wieder nutzbar gemacht. Das „Refugium“ in Kaltental, im schützenden Schatten der Thomaskirche, gehört zu den wenigen Orten in Stuttgart, die sich erfolgreich dem Verwertungsdruck der Kommerzialisierung entzogen haben. Das Projekt veranschaulicht exemplarisch, wie eine sozial orientierte, prozesshafte Aneignung der Stadt gelingen kann. 

Nischenraum
Das Refugium wird bewusst als offener Nischenraum im urbanen Gefüge etabliert und bietet nun, nach seiner Sanierung und Weiterentwicklung, einen Schutzraum für individuelle Lebensentwürfe. Es ist ein Ort des Überganges entstanden, der unterschiedliche Aneignungsprozesse ermöglicht – von bewusst „öffentlicher Unbehaustheit“ bis hin zu „geborgener Kontemplation“. Durch seine flexible Gestaltung bietet der Raum verschiedene Atmosphären an. In Form eines romantischen Versprechens beansprucht das Refugium seine Wahlverwandtschaft zu Goethes Gartenhaus. Das Projekt versteht sich als RealLabor für die zentrale Frage: „Wie wollen wir zusammenleben?“ 

Aus der Perspektive planetarer Grenzen ist die Stadtgesellschaft als „Sozialgebilde“, sowohl mit sinnlich erfahrbaren Dimensionen, als auch mit notwendigem Wirtschaften in Kreisläufen untrennbar verbunden. Wie in Goethes „Wahlverwandtschaften“ gehören Begehren und Vernunft gleichermaßen zum Leben.

Ressource der Stadt
Am Beispiel des Refugiums, eines nicht mehr genutzten Stadtbausteins, wurde Kreislauffähigkeit zunächst mittels vergleichender Entwürfe analysiert und evaluiert. Um dann, im Rahmen von weiteren begleitenden Lehrver- anstaltungen im Selbstbau von Studierenden der Universität Stuttgart umgesetzt zu werden. Vorbild waren dabei geschlossene Rohstoffkreisläufe aus organischen und mineralischen Stoffen. Reparatur und Wiederverwendung technischer Baustoffe bildeten die Grundlagen aller baulichen Fortschreibungen.

Ziel war es, alle technischen Materialien dauerhaft in Kreisläufen zu halten, während biologische Stoffe bei Bedarf auch in natürliche Kreisläufe zurückgeführt werden können.* Alle Bestandsbauteile wurden auf Schadstoffe geprüft und, wo möglich, erhalten oder wiederverwendet. Für zukünftige Weiterverwendungen und transformative Prozesse wurden Bauteile mit trockenen, lösbaren Verbindungen gefügt – Verklebungen und zementhaltige Baustoffe werden konsequent vermieden. Alle verwendeten Bauteile werden als „digitaler Zwilling“ in einer Baustoffdatenbank erfasst, um zukünftige Weiterentwicklungen zu erleichtern. 

Geborgenheit
Die baulichen Elemente wurden neben den genannten Aspekten auch hinsichtlich ihrer physikalischen Eigenschaften evaluiert. Das so optimierte Haus, bestehend aus massiven Lehm- und leichten Holzbauteilen, garantiert ein behagliches Innenklima. Der verbleibende, minimale Wärmebedarf wird klimaneutral durch eine Wärmepumpe gedeckt. Wiederverwendete Photovoltaikzellen auf dem Dach tragen zur energetischen Autarkie des Hauses bei. 

Bauherrin
Evangelische Gesellschaft Stuttgart vertreten durch Sabine Henniger

Lehrteam
Prof. Jens Ludloff

Projektleitung
Anja Thierfelder und Sascha Ritchel

Teilnehmende Studierende Entwurf D1H Das erste Haus Sommer 2024
Eda Akgün, Dorssa Ashena, Chloé Assens, Gäel Desré, Oliver Drexler, Juliane Eichinger, Muhammed Kibaroglu, Anja Kubasch, Marie Kuch, Anselm Kühl, Lennart Mandel, Georgois Mantrizias, Lilian Paczkowski, Mariia Pashenko, Jana Ridder, Louis Seyler, Nina Späth und Kasimir von Enzberg.

Teilnehmende Studierende Seminar D1D Die erste Dokumentation Winter 2024/2025
Ellen Ahrens, Jonathan Aisenbrey, Philippos Baxopoulos-Baur, Mattea Bechthold, Maximilian Beyer, Elisa Brast, Juliane Eichinger, Philip Eisele, Simon Fechter, Fabienne Fink, Matei Florescu, Cosima Frank, Nina Gending, Alan-Lou Glemser, Enrique Gromer, Amelie Häcker, Laura Hedrich, Vianne Heid,  Paula Herrmann, Valeria Hinz, Gioia Hoferer, Annabelle Hoffmann, Caroline Hofmeister, Oskar Huber, Jonas Jung, Samuel Keller, Fynn Kreuder, Anja Kubassch, Marie Kuch, Türkiz Kürtür, Diminik Kurzydlo, Lennart Mandel, Katharina Metzger, Emma Mohr, Lilian Paczkowski, Anastasiia Panchuk, Sina Prinz, Maira Rosental, Florian Scheuble, Melissa Schulz, Bastian Schuster, Louis Seyler, Selma Stahl, Paul Thum, Suvi Tietz, Philippa Sinen Volz, Kasimir von Enzberg, Flora Weiß und Maike Zilian.

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