Dy(e)ing Icons

Alison Mayer, Constantin Kaffenberger, Valentin Graf, Tilmann Uibel 
(IGMA/Prof. Trüby)

Es ist höchste Zeit für einen Paradigmenwechsel. Auf Jahrzehnte ungezügelten Wachstum muss mit einem Umbaugebot reagiert werden. Wer Neubau vermeiden will, muss Abriss gleich mit verhindern. Doch bedeutet das nicht absoluten Stillstand und wäre das nicht der Tod unsere Städte - kein Neubau und kein Abriss mehr? Der Schlüssel zu Städten, die weder Klimasünder noch Wachkoma-Patienten sind, liegt in Umbau und Umnutzung. Die Stadt muss neu betrachtet und ein neues Stadtmodell etabliert werden. Aspekte der Umnutzung sucht man in historisch bedeutenden Stadtmodellen vergeblich. Halbwachs, Lynch, Venturi + Scott-Brown und Rossi haben dabei besonders eine Kategorie übersehen, die für uns das Potential hat, durch ihre Reinterpretation die Stadt der Zukunft zu definieren.

Das Stadtmodell der Ikonen funktioniert nach dem Vorbild des Films. Es besteht aus drei Kategorien von Schaustellern: Hauptdarstellern, Charakterdarstellern und Statisten. Die Hauptdarsteller, im Stadtmodell die Sehenswürdigkeiten, bei Rossi Baudenkmäler, sind unangefochten. Sie stehen entweder unter Denkmalschutz, sind damit konserviert und politisch dem Wandel entzogen. Sie prägen trotz ihrer geringen Anzahl das Stadtbild und repräsentieren die Stadt nach außen. Ihnen gegenüber stehen die Statisten, Wohn- und Geschäftshäuser, die erst durch ihre Masse charakteristisch werden und sich im ständigen Wandel befinden. Die Charakterdarsteller, die Ikonen im Stadtmodell, sind die eigentlichen Geniestreiche des Regisseurs. Sie definieren das alltägliche Leben der Stadt und sind diesem gleichermaßen ausgeliefert. Sie repräsentieren die Stadt nach innen, erfahren aber nicht die gleiche Wertschätzung wie die Hauptdarsteller. Sie ecken oft an und sind nicht gleichermaßen beliebt. Sie stehen daher unter ständigem politischen und wirtschaftlichem Druck und müssen sich unter diesem ständig neu beweisen. Entsprechend flackern immer wieder Meldungen über Ihren drohenden Abriss durch die Lokalpresse - zu eng, zu alt, unwirtschaftlich oder marode. Dabei sind es gerade die Charakterdarsteller, die das Naturell einer Stadt ausmachen. Deswegen fordern wir:

Kein Abriss

Dem Verschwinden der Ikonen muss etwas entgegengesetzt werden. Das Potential dieser Orte liegt in ihrem Namen und ihre Schlagkraft in der grauen Energie. Da es nicht um Konservierung, dem Erzeugen von Untoten geht, müssen die Ikonen grundlegend verändert werden. Nicht Neubauen Legt man Listen der sterbenden Ikonen und geplanten Neubauten in Stuttgart übereinander, entstehen einerseits frappierende Übereinstimmungen und andererseits potente Differenzen. In einem städtischen Speed-Dating treffen Nutzungen auf Ikonen und gehen mehr oder weniger rationale Beziehungen ein. Tschumi stellt mit seiner Theorie des Cross-, Trans- und Disprogramming die Grundlage, das Neueinfärben der Ikonen zu wagen.

Exemplarisch wurde dieser Ansatz für den Österreichischen Platz als Infrastrukturknotenpunkt und Architekturzentrum (Constantin Kaffenberger), den Kaufhof Bad Cannstatt als Busdepot und Kulturzentrum (Tilmann Uibel), den Gasometer als Museum und Schwimmbad (Alison Mayer) und dieHans-Martin-Schleyer Halle als Universität und Produktion (Valentin Graf) durchgearbeitet. 

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